Ein kürzlich vom Kantonsrat beschlossenes, zeitlich befristetes Gesetz ermöglicht die Überweisung der Festsetzung von Budget und Steuerfuss 2021 sowie von weiteren, dringlichen Geschäften der Gemeindeversammlung an die Urne. Ausgenommen von dieser Möglichkeit sind Erlasse und Änderungen der Bau- und Zonenordnung sowie Gestaltungspläne. Wann die Gemeindeversammlung über die beiden privaten Gestaltungpläne TALEVO und Seeufer Bürger abstimmen wird, ist weiterhin offen. Der Gemeinderat nimmt im Januar 2021 eine nächste Lagebeurteilung vor.
Entscheidung über Budget und Steuerfuss 2021 an der Urne
Der Gemeinderat hat beschlossen, am 31. Januar 2021 eine Urnenabstimmung anzuordnen, statt im Dezember 2020 eine Gemeindeversammlung für die Festsetzung von Budget und Steuerfuss 2021 durchzuführen. Er hatte sich nach der Absage der Gemeindeversammlung Ende Oktober 2020 beim Regierungsrat für eine gesetzliche Grundlage eingesetzt, um Versammlungsgeschäfte an die Urne überweisen zu können. Die Stimmberechtigten fühlen sich in ihren politischen Rechten eingeschränkt und waren trotz Schutzkonzept zu einem grossen Teil nicht bereit, das Risiko des Besuchs einer Veranstaltung einzugehen – insbesondere, wenn sie zur Risikogruppe gehören. Das haben die Reaktionen auf die am 10. September und 29. Oktober 2020 angesetzten Versammlungstermine gezeigt.
Bis zur Festsetzung von Budget und Steuerfuss Ende Januar 2021 gilt für die Gemeinde das sogenannte Notbudget. Mit dem Notbudget darf die Gemeinde ausschliesslich Ausgaben tätigen, die für die ordentliche und wirtschaftliche Verwaltungstätigkeit unerlässlich sind. Dies ist für die wenigen Wochen bis zur Rechtskrafterwahrung von Budget und Steuerfuss 2021 nicht problematisch. Zudem enthält das Budget 2021 keine strittigen Punkte und der Gemeinderat beantragt den Stimmberechtigten einen unveränderten Steuerfuss von 85 Prozent. Unter diesen Voraussetzungen ist der Gemeinderat der Meinung, dass eine Urnenabstimmung trotz fehlender Antrags- und Diskussionsmöglichkeit vertretbar ist. Das gesundheitliche Risiko einer Versammlungsteilnahme, die Unsicherheit der Durchführung mit dem gleichzeitig grossen organisatorischen Aufwand für eine Versammlung wiegen deutlich schwerer.
Schritt halten mit der Seeuferplanung und die Hafenerweiterung ausarbeiten
Gestaltungspläne sind vom neuen kantonalen Gesetz ausgeschlossen und müssen weiterhin von der Gemeindeversammlung genehmigt werden. Seit März 2020 ist jedoch ein Projektierungskredit für die Erweiterung des Bootshafens Farbsteig hängig, den der Gemeinderat nun an die Urne überweist.
Die Erweiterung des Bootshafens Farbsteig ist ein wichtiges Element der Thalwiler Seeuferplanung und steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem kantonalen Projekt des Hochwasserentlastungsstollens und dem Gestaltungsplan Seeufer Bürger, der die Aufhebung der Bootshabe Bürger und die Verlegung der 56 Bootsplätze in den Hafen Farbsteig vorsieht. Um die Bootsplätze zeitnah verlegen zu können, muss das Projekt «Erweiterung Bootshafen Farbsteig» vorangetrieben werden. Für die Ausarbeitung eines bewilligungsfähigen Bauprojekts für die Hafenerweiterung ist ein Projektierungskredit in der Höhe von 400'000 Franken nötig. Zudem läuft Ende 2023 die Konzession der Bootshabe Bürger aus. Der Terminplan, um die Bootsplätze bis zu diesem Zeitpunkt zu verschieben und mit der Planung des kantonalen Entlastungsstollens und der gesamten Umgestaltung des Seeufers Bürger Schritt halten zu können, ist durch die von den Verschiebungen der Gemeindeversammlungen seit März 2020 sehr knapp geworden.
Der Kanton entscheidet nur aufgrund eines ausgereiften Bauprojekts und einer positiven Umweltverträglichkeitsprüfung mit entsprechenden Umsetzungsprojekten für die ökologischen Ersatzmassnahmen über die Erweiterung des Bootshafens Farbsteig. Für die Ausarbeitung eines Bauprojekts und die dazugehörigen Bewilligungen bzw. Konzessionen sind mindestens eineinhalb Jahre einzuplanen. Je nach Finanzierung des Projekts ist zudem eine weitere Urnenabstimmung nötig, deren Vorlaufzeit in den eineinhalb Jahren noch nicht eingerechnet ist. Die Bauarbeiten sind danach gemäss Submissionsverordnung auszuschreiben, was wiederum einige Monate Zeit beansprucht. Erst dann kann mit dem Bau begonnen werden, welcher bis zu einem Jahr beanspruchen kann.
Eine weitere Verzögerung hat erhebliche öffentliche Nachteile zur Folge: Die Verunsicherung bei den Bootsplatzmieterinnen und -mieter ist gross, die Bauzeiten und damit auch die Umweltbeeinträchtigungen am Seeufer werden gesamthaft verlängert, die Umsetzung des Bauprojekts Seeufer Bürger verzögert sich, was eine schliesslich eine noch länger eingeschränkte Badenutzung im Bereich Bürger bedeutet. Zudem entstehen auch finanzielle Nachteile: Wenn nicht mit dem Bau des Entlastungsstollens Thalwil Schritt gehalten werden kann, werden auch die Bauarbeiten des Seebads Bürger aufwändiger (neue Installationen, keine Synergie mit der teilweisen Trockenlegung des Stollenbauwerks, d.h. nachträglicher Bau teilweise unter Wasser).
Aufgrund dieser Interessenabwägung, welche die hohe Dringlichkeit deutlich macht, hat der Gemeinderat beschlossen, den Projektierungskredit am 31. Januar 2021 an die Urne zu überweisen, statt an der nächsten Gemeindeversammlung darüber zu entscheiden.
Digitale Info-Veranstaltung geplant
Zusätzlich zur schriftlichen Information mit dem Weisungsheft führt der Gemeinderat eine digitale Info-Veranstaltung mit Fragerunde zu beiden Geschäften durch. Diese findet voraussichtlich in der Woche vom 11. Januar 2021 statt. Weitere Informationen folgen.
Gemeinderat