Beschluss Bezirksrat in Sachen Stimmrechtsrekurs gegen Ansetzung Urnenabstimmung betreffend Projektierungskredit Erweiterung Hafen Farbsteig
Der Entscheid des Bezirksrats Horgen vom 1. April 2021 in Sachen Stimmrechtsrekurses gegen die Ansetzung der Urnenabstimmung vom 31. Januar 2021 betreffend Projektierungskredit Erweiterung Hafen Farbsteig ist beim Gemeinderat am 6. April 2021 eingetroffen.
Der Bezirksrat hiess den Stimmrechtsrekurs gut und hob gleichzeitig das Resultat der Urnenabstimmung vom 31. Januar 2021 betreffend Projektierungskredit Erweiterung Bootshafen Farbsteig auf. Der Gemeinderat wird nun aufgefordert, die Abstimmung an einer Gemeindeversammlung zu wiederholen. Zudem wird das Wahlbüro der politischen Gemeinde Thalwil angewiesen, die Stimmzettel und das unterschriebene Abstimmungsprotokoll der Urnenabstimmung vom 31. Januar 2021 betreffend Projektierungskredit Erweiterung Hafen Farbsteig weiterhin bis zur ordnungsgemäss durchgeführten Abstimmung an der Gemeindeversammlung über den Projektierungskredit Erweiterung Hafen Farbsteig versiegelt zu halten. Weiter wird das Wahlbüro angewiesen, nach durchgeführter Abstimmung über den Projektierungskredit Erweiterung Hafen Farbsteig an der Gemeindeversammlung, das Abstimmungsergebnis der Urnenabstimmung vom 31. Januar 2021 gleichzeitig mit dem Abstimmungsergebnis an der Gemeindeversammlung bekanntzugeben. Es steht dem Gemeinderat frei, das Abstimmungsergebnis bereits mündlich anlässlich der Gemeindeversammlung den anwesenden Stimmberechtigten zur Kenntnis zu bringen, aber erst nach der ordnungsgemässen Abstimmung an der Gemeindeversammlung. Der Gemeinderat kann gegen den Entscheid innerhalb von 5 Tagen beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich schriftlich Beschwerde erheben.
Der Gemeinderat hat an seiner Sitzung vom 6. April 2021 den Beschluss des Bezirksrats zur Kenntnis genommen. Ein möglicher Weiterzug an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich wurde intensiv diskutiert und letztlich beschlossen, den Entscheid nicht an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich weiterzuziehen. Nachfolgend die Erläuterungen dazu:
Am 23. November 2020 hat der Kantonsrat das bis 31. März 2021 befristete Gesetz über Urnenabstimmungen in Versammlungsgemeinden erlassen, welches Gemeinderäte ermächtigt, neben der Festsetzung des Budgets und des Steuerfusses sowie zur Genehmigung der Jahresrechnung eine Urnenabstimmung für weitere Geschäfte, die gestützt auf das Gemeindegesetz gemäss kantonalem Recht und der Gemeindeordnung in die Zuständigkeit der Gemeindeversammlung fallen, durchzuführen. Vorausgesetzt ist ein erhebliches öffentliches Interesse und die zeitliche Dringlichkeit des Geschäfts. Um der pandemischen Lage Rechnung zu tragen, hat der Kantonsrat die Verlängerung des Gesetzes bis am 30. Juni 2021 beschlossen.
Aufgrund dieses Gesetzes hat der Gemeinderat Anfang Dezember 2020 eine Interessenabwägung vorgenommen und dabei das öffentliche Interesse und die zeitliche Dringlichkeit zur Überweisung des Projektierungskredits Erweiterung Bootshafen Farbsteig beurteilt. Diese Interessenabwägung kam zum Schluss, dass für eine Überweisung des Projektierungskredits an die Urne das erhebliche öffentliche Interesse und die zeitliche Dringlichkeit gegeben seien, vor allem, da der Entscheid zum Projektierungskredit bereits seit März 2020 offen ausstehend sei. Gegen die Durchführung der Urnenabstimmung vom 31. Januar 2021 bezüglich des Projektierungskredits Erweiterung Bootshafen Farbsteig wurde Stimmrechtsrekurs erhoben. Der Bezirksrat hatte noch vor der Durchführung der Urnenabstimmung im Januar 2021 im Wesentlichen entschieden, dass diese zwar durchgeführt, das Resultat aber nicht publiziert werden dürfe. Zudem müsse das Resultat versiegelt unter Verschluss gehalten werden.
Schlussendlich attestiert der Bezirksrat in seinem Beschluss vom 1. April 2021 dem Geschäft des Projektierungskredits ein erhebliches öffentliches Interesse. Weiter verneint er die zeitliche Dringlichkeit für die Überweisung des Projektierungskredits an die Urnenabstimmung vom 31. Januar 2021, da der Kanton Zürich bezüglich dem Baustart des Hochwasserentlastungsstollens ebenfalls in Verzug sei. Damit sei ein Verstoss gegen das befristete Gesetz über Urnenabstimmungen in Versammlungsgemeinden gegeben, womit der Gemeinderat die politischen Rechte der Stimmberechtigten verletze. Als Argument dient zudem auch, dass der Gemeinderat im Juni 2021 bereits zwei Gemeindeversammlungen angesetzt hat und es nicht ersichtlich sei, weshalb nicht an der Gemeindeversammlung über den vorliegenden Projektierungskredit abgestimmt werden könne. In der vorgenommenen Gesamtbetrachtung könne der Bezirksrat den Projektierungskredit nicht als derart zeitlich dringend qualifizieren, als dass eine Abstimmung an der Gemeindeversammlung im Juni 2021 als zu spät erachtet werden müsste.
Der Gemeinderat kann weder den Beschluss des Bezirksrats noch dessen Begründungen nachvollziehen. Aus Sicht des Gemeinderats hat der Kantonsrat das Gesetz über die Urnenabstimmung in Versammlungsgemeinden genau für solche Geschäfte erlassen, die nötige Interessenabwägung wurde erstellt und ist aus seiner Sicht nachvollziehbar. So wurde denn auch vom Bezirksrat im Zusammenhang mit dem öffentlichen Interesse anerkannt, dass das strittige Geschäft in einem Gesamtkontext zu betrachten sei. Für die Begründung der zeitlichen Dringlichkeit dürfe die durch die Pandemie erschwerte Planbarkeit von Gemeindeversammlungen – was der Bezirksrat wiederum anerkannte – allerdings nicht herangezogen werden. In seinem Beschluss vom 1. April 2021 verkennt aus Sicht des Gemeinderats der Bezirksrat zudem, dass der Stimmrechtsrekurs bereits Mitte Dezember 2020 eingegangen ist und er in der Zwischenzeit die Durchführung der Urnenabstimmung vom 31. Januar 2021 bezüglich dem Projektierungskredit Erweiterung Hafen Farbsteig zugelassen hat. Die nun vorliegende Begründung, dass er den Projektierungskredit als nicht derart zeitlich dringend qualifiziert, als dass eine Abstimmung nicht auch an der Gemeindeversammlung im Juni 2021 durchgeführt werden könne, kann daher nicht nachvollzogen werden. Der Bezirksrat verkennt aus Sicht des Gemeinderats, dass der Entscheid über dieses Geschäft bereits seit März 2020 ansteht und sich der Entscheid des Bezirksrats in dieser Sache sehr in die Länge gezogen hat.
In seiner Begründung hält der Bezirksrat weiter fest, dass die Abstimmung an der Urne nach der gesetzlichen Ordnung die qualifiziertere Form der demokratischen Willensbildung darstellt als die Abstimmung in der Gemeindeversammlung. Dies dürfe aber nicht zum Schluss führen, dass Zuständigkeitsvorschriften (Urnenabstimmung oder Gemeindeversammlung) belanglos wären. Der Gemeinderat stützt die Ansicht des Bezirksrats, dass Zuständigkeitsvorschriften grundsätzlich einzuhalten sind, ist jedoch der Meinung, dass in der aktuellen Situation mit dem durch den Kantonsrat erlassenen befristeten Gesetz über Urnenabstimmungen in Versammlungsgemeinden die Möglichkeit gegeben wurde, gerade solche Geschäfte an die Urne zu überweisen.
Zusammenfassend ist der Gemeinderat mit dem Beschluss des Bezirksrats nicht einverstanden, vor allem, da die Stimmberechtigten, legitimiert durch den Bezirksrat, bereits über das Geschäft an der Urnenabstimmung vom 31. Januar 2021 abgestimmt haben. Ein Weiterzug des bezirksrätlichen Entscheids an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich hätte gemäss Einschätzungen des Gemeinderats durchaus intakte Chancen. Da der Gemeinderat weiterhin die Dringlichkeit des Entscheids der Stimmberechtigten bezüglich dem Projektierungskredit Erweiterung Hafen Farbsteig sieht, verzichtet er auf ein langwieriges Verfahren und hat sich entscheiden, den Stimmberechtigten den Projektierungskredit an der Gemeindeversammlung vom 23. Juni 2021 vorzulegen. Das Abstimmungsergebnis der aufgehobenen Urnenabstimmung vom 31. Januar 2021 wird der Gemeinderat, wie durch den Bezirksrat angeordnet, zusammen mit dem Resultat der Gemeinde-versammlung vom 23. Juni 2021 amtlich publizieren und allenfalls mündlich anlässlich der Gemeindeversammlung vom 23. Juni 2021 nach der ordnungsgemässen Abstimmung über den Projektierungskredit Erweiterung Hafen Farbsteig bekanntgeben.
Gemeinderat